Der „Internationale Tag der Pressefreiheit“ zeigt: Mehr denn je brauchen wir mutige, kluge und fähige Journalisten.

Irgendwas mit Medien, das ist die Antwort, die viele junge Leute geben, wenn sie nach ihrem Berufswunsch gefragt werden. Die Medien gelten als besonders attraktives Betätigungsfeld. Und in der Tat erfüllen sie in vielerlei Hinsicht diese Erwartung: Sie erzeugen Kommunikation auf dem technisch aktuellen Stand; sie bieten moderne Arbeitsbedingungen und Raum für die persönliche Selbstverwirklichung; sie geben Anteil am gesellschaftlichen und politischen Diskurs und übertragen ihre große Bedeutung für die Demokratie auf die Akteure. Wer sich wichtig fühlen und machen will, ist im Mediengeschäft an der richtigen Stelle.

In den Medien tätig zu sein, gilt vielen deswegen als hip und cool. Doch als Plattform für die Darstellung der eigenen Person eignen sie sich immer weniger. Das gilt zumindest für den Journalismus. Denn immer mehr Journalistinnen und Journalisten bezahlen ihren Beruf mit ihrer Freiheit oder sogar dem Leben. Darauf macht jedes Jahr am 3. Mai der „Internationale Tag der Pressefreiheit“ aufmerksam. Er war 1993 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen worden, um ein Zeichen dafür zu setzen, dass freie und unabhängige Medien ein entscheidendes Merkmal demokratischer Gesellschaften sind.

Seitdem dient der Tag Organisationen wie „Reporter ohne Grenzen“ (RoG) dazu, die Mediensituation weltweit zu analysieren. Und die ist besorgniserregend: In allen Weltregionen, so zeigt es die jüngste Rangliste der Pressefreiheit, ist ein Rückgang der Freiräume für Journalisten zu beobachten. Und geradezu erschreckend sind die Zahlen: 2015 wurden 64 Journalisten getötet, und 159 saßen in Haft. RoG kritisiert zunehmend autokratische Tendenzen in Ägypten, Russland oder der Türkei. Negativ wirkten sich außerdem die Bestrebungen der Regierungen in Polen und Ungarn aus, staatliche und private Medien unter ihren Zugriff zu bringen.

Aber auch Deutschland ist kein Land mehr, in dem Journalisten ausnahmslos sicher sind. In der RoG-Rangliste hat sich unser Land um vier Plätze auf Rang 16 (von 180) verschlechtert – eine Folge der stark gestiegenen Zahl von Anfeindungen, Drohungen und gewalttätigen Übergriffe gegen Journalisten vor allem durch Rechtsradikale und PEGIDA-Anhänger. Auch in Deutschland brauchen Journalisten zunehmend Zivilcourage, wenn sie ihre Aufgabe erfüllen wollen – je stärker das Ressentiment gegenüber den Medien in der Mitte der Gesellschaft ankommt.

Eine solche Entwicklung wird vor allem durch die AfD gefördert. Wer ihr jüngst beschlossenes Grundsatzprogramm studiert, kann sich des Eindrucks kaum erwehren, dass hier ein völkischer Nationalismus wiederbelebt werden soll, der sich vor allem über Feindbilder und den Rückzug auf das vermeintlich Eigene definiert. Eine freie, unabhängige Presse gehört dazu anscheinend nicht. Auch deswegen ist die Frage berechtigt, ob die AfD eine verfassungsfeindliche Partei ist. Denn Pressefreiheit ist in Deutschland ein Grundrecht und neben der Gewaltenteilung eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass Demokratie gelingt.

Der diesjährige „Internationale Tag der Pressefreiheit“ erinnert uns mehr denn je daran, dass unsere freiheitliche Gesellschaft und unser demokratischer Staat nicht selbstverständlich sind. Sie entstanden aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs und der Überwindung des Nationalsozialismus. Sie wurden aufgebaut von Menschen, die erlebt hatten, wie der Geist nationaler Verblendung eine ganze Welt ins Verderben stürzen kann. Ihnen haben wir unsere Freiheit zu verdanken, ein Land, das viele auf der Welt heute als Zufluchtsort ersehnen.

Achten wir dieses Erbe nicht gering. Bewahren wir es, indem wir neuen völkischen Bestrebungen den Widerstand der Demokraten entgegensetzen. Halten wir einer freien, unabhängigen Presse die Treue, und sagen wir denen, die irgendwas mit Medien machen wollen: Wir brauchen euch nicht als eitle Selbstdarsteller, aber als mutige, kluge und fähige Journalisten brauchen wir euch mehr denn je.

Michael Strauss