Warum wir Pausen vom Medienkonsum brauchen.

Heute habe ich das Internet abgeschaltet, die Social Media geschlossen und den Fernseher zugeklappt. Das Maß war voll: zu viele Unwahrheiten, zu viele schreckliche Bilder, zu viel Gewalt, zu viel Corona, Krieg und Klimakrise. Zu viel, zu viel, zu viel.

Zu viel für meine empfindsame Seele, zu viel für meinen angestrengten Kopf. Sie standen kurz vor dem Platzen, vor dem Verlust der Mitmenschlichkeit. Nur noch ein Laut, ein Bild, und sie hätte mich erwischt: die Gleichgültigkeit. Und ich hätte einfach nur noch für mich selbst gelebt.

Gemütlich im Garten, wo Hortensien blühen, ungerührt und ungeniert, ohne sich dafür zu interessieren, wo wieder Raketen eingeschlagen sind und Menschen zerfetzt haben. Wo der Rittersporn mir lila zunickt, ohne ein Schwert zu ziehen, um Passanten den Kopf abzuschlagen.

Wo das Wasser aus einem Kreisregner sprudelt, als wäre der Klimawandel ein Gespenst aufgeheizter Gemüter. Zu viel war zu viel. Wenigstens für heute. Morgen, ja gut, morgen, da werde ich das Internet wohl wieder einschalten, die Social Media wieder öffnen und den Fernseher wieder aufklappen.

Es geht ja nicht ohne. Ich muss ja wissen, was los ist. Auch wenn ich nicht viel dagegen tun kann. Außer mitdenken und mitfühlen, meine Ohnmacht aushalten und aufhören, den Rasen zu sprengen. Und hoffen, dass diejenigen, die politische Macht haben, unsere Welt zum Besseren zu verändern, gewillt sind, ihre gesammelte Vernunft aufzuwenden, um das auch zu tun.

Schließlich soll der Mensch ein vernünftiges Wesen sein. Sagen die Philosophen. Doch die Mächtigen sprechen oft eine andere Sprache. Deswegen droht die Vernunft ein gescheitertes Projekt der Moderne zu sein. Was es selbst den Wohlmeinendsten nicht leicht macht, der Zukunft zuversichtlich zur Seite zu stehen.

Was aber wäre die Alternative? Die Welt und den Menschen aufgeben? Einer, der nicht als Schwärmer in die Geschichte eingegangen ist, war Winston Churchill. Sein Pragmatismus barg eine Utopie eigener Art, die uns daran erinnert, dass das Scheitern nicht unser Schicksal sein muss. Was zählt, sei der Mut, weiterzumachen, so sein Credo.

Schließlich haben wir viel zu verlieren: unsere Demokratie, unsere Freiheit, unser Leben, wie wir es kennen. Also gute Nacht – und bis morgen.

Michael Strauss