Die AfD darf nicht die Alternative für Deutschland werden. Das wäre nichts weniger als eine Katastrophe. Nötig ist eine Politik, die soziale Probleme löst, sowie eine konzertierte Initiative für mehr politische Bildung und Anstand.

Der Ausgang der Bundestagswahl ist ein Weckruf für die Demokratie. Denn mit dem Erfolg der AfD hat Deutschland einen dramatischen politischen Rechtsruck erlebt. Erstmals nach 1945 umfasst die drittstärkste Kraft im Bundestag rechtsradikale, rassistische und völkisch gesinnte, nationalistische Kräfte. Es gehört zu den Gepflogenheiten, Parteien zu akzeptieren, die in demokratischen Wahlen durch Wählerinnen und Wähler ein politisches Mandat erhalten haben. Es gehört aber genauso zu den historischen Erkenntnissen, dass die Demokratie von anti-demokratischen Kräften ausgenutzt und instrumentalisiert werden kann.

Deshalb ist die Entscheidung der SPD, in die Opposition zu gehen und diese zu führen, von herausragender Bedeutung. Sie darf nicht nur unter parteitaktischem Kalkül gesehen werden. Sie ist auch – und vielleicht vor allem – ein Dienst an unserer Demokratie und dem Ansehen Deutschlands in Europa und der Welt. Auf diese Weise kann die deutsche Demokratie ein Garant für Frieden und Freiheit, Solidarität und Humanität, Stabilität und nicht zuletzt der Verantwortung vor der Geschichte bleiben.

In der nächsten Legislaturperiode gilt es, den rechtsradikalen Leidenschaften der AfD und ihrer Unterstützer entgegenzuwirken. Dabei die Positionen der AfD zu übernehmen, dürfte allerdings die falsche Strategie sein. Auch wenn es darum gehen muss, die Sorgen und Ängste von AfD-Wählern ernst zu nehmen. Nötig ist stattdessen eine konzertierte Initiative für mehr politische Bildung und Anstand. Das ist nicht nur eine Aufgabe der Parteien, sondern aller gesellschaftlichen Akteure: der Gewerkschaften und Kirchen, der Verbände und Vereine, der Schulen und Medien.

Noch nie nach der Wende von 1989 ist es Deutschland wirtschaftlich so gut gegangen wie heute. Deshalb kann überhaupt keine Rede davon sein, dass wir nicht in der Lage wären, die sozialen Probleme in unserem Land zu lösen. Das gilt auch für die Unterstützung von Flüchtlingen. Wer etwas anderes behauptet, verbreitet „fake news“, also Lügen. Die Wahrheit muss aber das Leitbild bleiben, genauso wie die Moral.

Wir können uns nur wünschen, dass Regierung und Opposition in der kommenden Legislaturperiode durch eine erfolgreiche Politik die sozialen Probleme in unserem Land lösen. Gleichzeitig brauchen sie neue Strategien, die Wahrheit zu kommunizieren und die Menschen in unserem Land auf ihren Anstand anzusprechen. Die AfD darf nicht die Alternative für Deutschland werden. Das wäre nichts weniger als eine Katastrophe.

Michael Strauss