Zum Reformationsjubiläum läuft das protestantische Marketing zu Höchstformen auf. Eine Empfehlung: der Reformationshammer mit dem Aufdruck „Evangelisch. Immer was zu tun“.

Das Charakteristische von Jubiläen ist, das wir ihnen nicht entgehen können. Sie sind präzise berechnet auf Jahr und Tag. Da kennt der Kalender kein Pardon. Das Lutherjubiläum, das eigentlich ein Reformationsjubiläum ist, oder vielleicht auch nur ein Reformationsgedenken, gehört dazu.

Luther 2017, 500 Jahre Reformation, heißt es in den kommenden Monaten: feiern bis der Arzt Eckart von Hirschhausen kommt, einer der populären Reformationsbotschafter, neben Bettina Wulff und Kloppo, dem coolen Ex-Trainer von Borussia Dortmund. Sie alle erklären uns, wie toll Luther und die Reformation waren und warum das alles noch total wichtig ist. Endlich habe man einmal eine Gelegenheit, sich Gedanken über den Glauben zu machen und darüber, „wo stehe ich selbst“, meinte zum Beispiel Bettina Wullff in der NDR-Talkshow „Bettina und Bommes“.

Damit hat sie vermutlich viele Menschen auf eine Idee gebracht. Helfen kann dabei auch eine der neuen Editionen der revidierten Luther-Bibel. Vielleicht die von Scorpions-Sänger Klaus Meine unter dem Motto „Send me an angel“ oder die von Tigerenten-Zeichner Janosch unter dem Motto „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“. Schließlich gibt es ja den kleinen Bären.

Hilfreich sind auch die Werbemittel, mit denen die Kirchengemeinden zum Reformationsjubiläum Zeichen setzen können: zum Beispiel die Cappucino-Schablone „Lutherrose“ für 2,50 Euro das Stück, die Nylon-Frisbeescheibe „Hallo Luther“ für den selben Preis oder auch der Reformationshammer mit dem Aufdruck „Evangelisch. Immer was zu tun“ für allerdings 14,95 Euro. Ein besonderes Jubiläumsgeschenk, nicht nur für Handwerkerinnen und Handwerker.

Noch mehr Beteiligung verspricht die Mitmachkampagne #reformaction2017 des Internetportals „evangelisch.de“. Unter dem Motto „Gemeinsam Großes bewegen“ gibt es „Challenges“. Eine erste lautet: Lade dein gesprochenes Vaterunser ins Netz hoch, damit das Gebet bis zum 31. Oktober 2017 in 500 unterschiedlichen Sprachen vorliegt.

Angesichts von so viel Reformationsmarketing gibt es den einen oder anderen, der skeptisch ist, ob die Werbemittel, Aktionen und Promiparolen dem Anlass gerecht werden. Natürlich allen voran die Nörgler von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, assistiert von der Schar der einzig wahren Reformationsexperten.

Dabei war Luther doch selber ein begnadeter Marketing-Experte, der die Kommunikationsmittel seiner Zeit offensiv nutzte, um seine Gedanken der Welt kundzutun. Schließlich sollten alle ohne Bevormundung glauben können.

Ob Luther allerdings seinen Hammer in Serie produziert hätte, darüber mag man streiten. Zumal es ja ernstzunehmende Wissenschaftler gibt, die bezweifeln, dass er überhaupt einen Hammer in der Hand hatte, als er seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel veröffentlichte.

Auf jeden Fall dürften sich die Evangelischen in den nächsten Monaten zu Feierbiestern entwickeln. Die gute Laune zum Start des Jubiläumsjahres ist mit Händen zu greifen. Auch das eine Reformation, gilt der Protestantismus doch vielen als Religion grüblerischer Spaßlosigkeit. Hallo Luther, läuft!

Michael Strauss